Martin Häusling ist Bio-Landwirt und seit 2009 Mitglied im Europäischen Parlament. In der Zeit von 2003 bis 2009 war Martin Mitglied des Hessischen Landtages und fachpolitischer Sprecher für Landwirtschaft, Europa, Verbraucherschutz sowie ländliche Räume und Gentechnik. Mit seiner Familie bewirtschaftet Martin als gelernter Agrartechniker den Kellerwaldhof in Bad Zwesten, Nordhessen. Der Milchviehbetrieb hat eine eigene Käserei und wurde von Martin 1988 nach Bioland-Richtlinien auf ökologische Standards umgestellt. Martin ist agrarpolitischer Sprecher der Fraktion die GRÜNEN/EFA, Koordinator im EU-Agrarausschuss (AGRI) und Mitglied im EU-Umweltausschuss (ENVI).
Martin hat ein Büro in unserer Kreisgeschäftsstelle in Wabern. Das Büro ist telefonisch unter 05683/9238450 sowie per Mail unter info[at]martin-hausling.de erreichbar.
Martin Häusling, Mitglied im Agrar- sowie im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, und Schattenberichterstatter, kommentiert:
„Nach schwierigen Verhandlungen zur Bodenrichtlinie konnte früh am Morgen ein Durchbruch bei der zukünftigen EU-Bodenmonitoring-Direktive erzielt werden. Der Widerstand gegen die Bodenüberwachungsrichtlinie war enorm – insbesondere in den letzten Tagen hatte die Agrarlobby massiv gegen die Vorlage polemisiert. Trotzdem ist es gelungen, einen wichtigen Einstieg in den Bereich Bodenschutz zu schaffen. Zwar ist die nun vorliegende Richtlinie noch weit davon entfernt, ein umfassendes Bodenschutzgesetz darzustellen, doch sie ist das erste EU-Regelwerk, das sich explizit dem Schutz und der Überwachung von Böden widmet. Das Ziel für 2050 ist ambitioniert – wir hätten uns gewünscht, dass es verbindlich wird.“
Das von der EU-Kommission einst in ihrer Bodenschutzstrategie angestrebte Bodenschutzgesetz, welches dann von ihr selbst schon zu einer Bodenbeobachtungsrichtlinie reduziert worden war, wurde in der letzten Nacht in den Verhandlungen leider weiter abgeschwächt. Der Widerstand dagegen, auch nur einige wenige, ambitionierte Bedingungen zu formulieren, war besonders ausgehend von der EVP (CDU) massiv.
Auch der Rat der Mitgliedstaaten hat massiv gebremst. Der Schutz unserer Ressourcen hat gerade in Europa keine Konjunktur. Noch immer fürchtet man, dass der Schutz der Ressourcen einfach zu viel kostet, dabei zeigen viele Studien, das nichts tun uns noch viel mehr kosten wird!
Die Verhandler der EVP machten sich dabei zum Erfüllungsgehilfen der Ablehnung gerade jener, die eigentlich vom Bodenschutz profitieren würden. Wie beim Vorschlag von 2002 haben sich konventionelle Bauernverbände gegen das Bodengesetz ausgesprochen, insbesondere in den Tagen vor dem Trilog. Das ist verantwortungslos gegenüber ihren Mitgliedern, den praktisch tätigen Bauern und Bäuerinnen, von denen sich viele eindeutig mehr für Bodenschutz interessieren als ihre Vertretung.
Ziel der Richtlinie ist es zwar weiterhin, einen kohärenten Überwachungsrahmen für alle Böden in der EU zu schaffen und die Bodengesundheit kontinuierlich zu verbessern, um bis 2050 gesunde Böden zu erreichen, doch geschieht das alles mehr oder weniger freiwillig und ohne verbindliche Zahlen, Werte oder nationale Pläne (wie beim Wasser). Und das vor dem Hintergrund, dass 60 bis 70 % der Böden in Europa in schlechtem Zustand sind. Sie sind durch intensive Landwirtschaft, städtische Expansion, Klimawandel und Umweltverschmutzung bedroht und leiden unter Verdichtung, Bodenerosion und dem Verlust von Biodiversität und organischer Substanz. Kein guter Tag für Europas Ökosysteme und für die Ernährungssicherung!“
Inhalte im Einzelnen:
Einrichtung eines Rahmens für die Bodenüberwachung
Bodennutzung
Bodenverunreinigung
Bodenverbrauch
Vollends gestrig: Im neuen Koalitionsvertrag der deutschen Regierung heißt es sogar, dass das EU-Bodengesetz gänzlich abgelehnt werden soll.
Weitere Infos zur Bodenmonitoring Richtlinie:
https://martin-haeusling.eu/themen/bodenschutz-landgrabbing.html
Interview mit Soils for Europe:
https://www.youtube.com/watch?v=_WAzH-JcOUM&t=1s
Geplante Fusion von Arla und DMK
Die beiden Großmolkereien Arla Foods und Deutsches Milchkontor (DMK) wollen zur größten Molkereigenossenschaft Europas fusionieren. Martin Häusling, Mitglied im Agrar- sowie im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, und selbst Bio-Milchlandwirt, kommentiert:
„Die geplante Fusion der beiden größten deutschen Molkereien Arla und DMK ist ein Frontalangriff auf die bäuerliche Landwirtschaft in Deutschland und Europa. Der Zusammenschluss dieser beiden Großkonzerne würde mehr Machtkonzentration, weniger Mitbestimmung und weiter sinkende Erzeugerpreise bedeuten. Die Erfahrung aus der Fusion von Nordmilch und Humana zum DMK 2011 hat schön gezeigt, was passiert, wenn die Machtkonzentration der Verarbeitungsseite zunimmt, während Erzeugern ein höherer Organisationsgrad verwehrt bleibt: Preise sind gefallen, bäuerliche Existenzen verschwunden. Da frage ich mich: Wo bleibt da das Kartellamt?
Bauernverband, Milchindustrieverband, Arla, DMK bemühen gerne das romantische Bild der Genossenschaften, doch mit bäuerlicher Mitbestimmung haben sie wenig am Hut. Wenn über 12.000 Mitglieder in einem Konzern, der sich primär am Weltmarkt orientiert, faktisch keinen Einfluss auf Preisgestaltung oder Produktionsentscheidungen haben, ist das Etikettenschwindel. Machen wir uns nichts vor: Die Mega-Molkerei wäre ein Industriebetrieb mit Bauern als bloßen Rohstofflieferanten.
Hinzu kommt: Noch immer fehlen in Deutschland verbindliche Vertragsregelungen für den Milchmarkt, obwohl die EU das seit Jahren ermöglicht. Erzeuger liefern nach wie vor, ohne den Preis für ihre Milch zu kennen. Eine solche Unsicherheit ist in keinem anderen Wirtschaftszweig vorstellbar – und dennoch Alltag für unsere Milchbäuerinnen und -bauern. Die geplante Fusion würde diese Schieflage massiv verstärken. Das Ergebnis wäre der weitere Aderlass einer kleinstrukturierten, lokal verwurzelten Landwirtschaft – zugunsten anonymer, globaler Massenware, die auf Kosten von Umwelt, Tieren und Bäuerinnen und Bauern produziert wird.
Die Monopolkommission arbeitet derzeit an einem Sektorgutachten für den Lebensmittelbereich. Schon in ihrem letztes Jahr veröffentlichten Hauptgutachten hat sie festgestellt: Die Konzentration in der Verarbeitung und im Handel führt zu höheren Preisen für Verbraucher*innen und verschiebt die Gewinne entlang der Wertschöpfungskette – weg von den Landwirten, hin zu Verarbeitern und Supermarktketten.
Die Kartellbehörden dürfen die geplante Fusion so nicht genehmigen. Außerdem brauchen wir endlich eine verbindliche Vertragspflicht. Auch das Recht von Erzeugern auf höheren Organisationsgrad muss gestärkt werden, um echte Verhandlungsmacht gegenüber der Verarbeitungsseite zu schaffen. Genossenschaften dürfen nicht länger von verbindlichen Vertragspflichten der Gemeinsamen Marktordnung ausgenommen sein. Und grundsätzlich gilt: Wir brauchen eine Kehrtwende hin zu hochwertiger, regional verankerter Produktion – statt billiger Massenware für den Weltmarkt.“
Agrarreform 2028
Die Forderungen der ostdeutschen CDU/SPD-Landwirtschaftsminister zur nächsten Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik sind rückwärtsgewandt. Martin Häusling, Mitglied im Agrar- sowie im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, kommentiert:
„Würde man ChatGPT um eine Kurzfassung des Positionspapiers der ostdeutschen CDU/SPD-Agrarminister bitten, sie könnte sich so anhören:
Umweltschutz runter, Gentechnik und Digitalisierung rauf, Mund halten, Geld her!
Die rot-schwarzen Agrarminister haben ihre Forderungen für eine Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2027 in einem Brief an Frau von der Leyen kundgetan. Er liest sich wie eine Wunschliste zur Rückabwicklung der GAP-Reformen seit 2013.
Die Direktzahlungen sollen von Auflagen zur Umweltverträglichkeit befreit und Kontrollen gelockert werden. Geplante Ökoregelungen zur Förderung von Weidehaltung und Biodiversität ab 2026 sollen nun doch nicht, wie letzten Sommer gemeinsam mit dem Bundesrat beschlossen, eingeführt werden. Die Notwendigkeit zur Pestizidreduktion wird gegen jegliche Faktenlage aus der Wissenschaft gänzlich abgestritten. Schließlich sollen Berufskollegen mit kleineren Betrieben, die Skaleneffekte nicht nutzen können, mit dem - populistischen – Schlachtruf ‚Jeder Hektar ist gleich viel wert!‘ nur ja nicht unterstützt werden. Das ist eine Absage an jegliche Kappung der Direktzahlungen ab einer gewissen Hektarzahl oder der Förderung der ersten Hektare.
Das ist nicht nur rückwärtsgewandt und unsolidarisch, es ist auch vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen verantwortungslos. Wissenschaft und Gesellschaft betonen seit Jahren die Notwendigkeit eines Wandels im Hinblick auf die Klima-, Umwelt-, und Tierwohl-Verträglichkeit der Landwirtschaft. Es ist genau diese Gesellschaft, die für die Steuergelder aufkommt, aus denen die GAP finanziert wird. Das Papier zeugt von einer irritierenden Arroganz gegenüber den europäischen Bürgern, die gesunde, nachhaltige Lebensmittel haben wollen und dafür Steuergelder bereitstellen.
Und es zeugt von einer erschreckenden Ignoranz gegenüber den wissenschaftlichen Fakten zahlloser Gutachten auf nationaler und europäischer Ebene, zur Notwendigkeit der Transformation der europäischen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Sachen Klima-, Umwelt- und Tierwohl. Sollte dieser Tenor sich bei Schwarzrot durchsetzen, bekommen wir statt einer notwendigen zukunftsfähigen Transformation der Agrarpolitik eine Dinosaurier-Gesetzgebung ohne jegliche Verantwortung für Umwelt und Gemeinwohl!“
Mein Standpunkt zur GAP nach 2027:
Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten stimmt Verhandlungsmandat zu
Heute haben sich die EU-Mitgliedsländer auf eine Position zur Neuen Gentechnik (‚NGTs‘) bei Pflanzen festgelegt. Nun können die finalen Verhandlungen – der Trilog – zwischen den Mitgliedsländern (Rat), der EU-Kommission und dem Europäischem Parlament starten. Martin Häusling, Mitglied im Agrar-, Gesundheits- sowie im Umweltausschuss ist der Verhandlungsführer der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament zur Neuen Gentechnik und lehnt die Deregulierung der Neuen Gentechnik ab. Er kommentiert:
„Der polnische Vorschlag im Rat, der heute eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten erhalten hat, ist unbefriedigend. Er enthält keine Verbesserungen zu den zentralen Themen Koexistenz, Kennzeichnung, Rückverfolgbarkeit und der Patentierbarkeit von mit Neuer Gentechnik erzeugten Pflanzen. Der Vorschlag ist eine weitreichende Deregulierung und das Einknicken Polens daher fatal.
Die Ratsposition bedeutet einen Affront gegenüber den Verbrauchern, die mit überwältigender Mehrheit eine Kennzeichnung von Gentechnik in Lebensmitteln und eine Risikoprüfung wollen. Auch der Lebensmittelhandel wird von der Ratsposition brüskiert, da er auf den Haftungsrisiken sitzen bleibt, die Biotechnologie-Firmen auf die Lebensmittelwirtschaft abwälzen. Die wirtschaftlichen Schäden für Unternehmen wären immens. Nicht zuletzt tritt die heutige Entscheidung das im EU-Recht verankerte Vorsorgeprinzip mit Füßen, das eine Risikoprüfung erfordert.
Die Deregulierung der Neuen Gentechnik stellt eine existenzielle Bedrohung für die biologische Landwirtschaft und den Sektor der Gentechnik-freien Produktion dar, die zusammen einen Markt von 32 Milliarden Euro umfassen.
Die neuen Gentechnik-Pflanzen werden die vom Klimawandel mitverursachten Probleme nicht aus der Welt schaffen, im Gegenteil. Die vielbeschworene Nachhaltigkeit der NGT-Pflanzen wird sich als Märchen herausstellen und zu mehr Pestizideinsatz und Sortenarmut führen. Eine besondere Sorge ist, dass mit der vorgesehenen Deregulierung auch über 400.000 Wildpflanzen mit Gentechnik manipuliert werden können.
Im Trilog ist es daher nun essenziell, wenigstens Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit, die in der Position des EU-Parlaments beschlossen wurden, in den Verhandlungen zu verteidigen und diese in die finale Gesetzgebung zu übernehmen. Die konservative Verhandlungsführerin im Parlament muss den Willen der EU-Bürger respektieren und darf hier in den Verhandlungen mit Rat und Kommission keine Abstriche machen!“
Mehr Infos:
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32015R2283
im EU-Parlament erleben wir zunehmend polarisierte Debatten zur Rolle des Klimaschutzes für die Landwirtschaft – so wie heute bei der Diskussion zur Vision des neuen Agrarkommissars Hansen, die weit hinter den Erwartungen zurückbleibt. In Deutschland fällt den Koalitions-Verhandlern von Union und SPD währenddessen nicht mehr zum Thema Landwirtschaft ein, als die Agrardiesel-Subvention wieder einzuführen. Dabei gibt es sinnvolle Maßnahmen, die Klimaschutz und Landwirtschaft verbinden! Hierzu gehört die Weidehaltung von Rindern, die positive Effekte auf Klima, Wasserhaushalt und Artenvielfalt hat. Die pauschale Darstellung von Kühen als Klimasünder basiert hingegen oft auf undifferenzierten Modellierungen, die wichtige Faktoren wie Emissionen beim Futteranbau und Kohlenstoffspeicherung bei Grünlandbewirtschaftung ignorieren.
Bereits 2018 habe ich eine Studie zur "klimasmarten" Landwirtschaft erstellt, die diese Aspekte umfassend analysiert.
Ein aktualisiertes Factsheet zur Rolle der Kuh in der Klimadebatte finden Sie hier.
Bei Fragen stehen mein Team und ich Ihnen gerne zur Verfügung.
„Vision für Landwirtschaft und Ernährung“ von Agrarkommissar Hansen
Die heute von Agrarkommissar Hansen vorgestellte „Vision für Landwirtschaft und Ernährung“ offenbart einen besorgniserregenden Paradigmenwechsel: Die Farm-to-Fork-Strategie - und damit der von vielen Wissenschaftlern seit langem geforderte erste Politikentwurf für die gesamte Ernährungswertschöpfungskette - wird faktisch beerdigt. Der Green Deal als Basisvision für Nachhaltigkeit findet keine Erwähnung. Statt nachhaltigem Umgang mit Ressourcen stehen Ertragsmaximierung und globale Wettbewerbsfähigkeit im Fokus – entgegen allen Empfehlungen seitens wissenschaftlicher und Institutioneller Beratungsgremien der EU. Martin Häusling, Mitglied im Agrar- sowie im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, kommentiert:
„Visionär ist am heute vorgestellten Zukunftsprogramm von Agrarkommissar Hansen nur wenig. Es ist ein Rückfall in den Glauben, Wirtschafts- und Wettbewerbsförderung seien die Lösung unserer Probleme und man müsse auf die Umwelt, in der wir leben, keine Rücksicht nehmen. In ihrer eigenen Kommunikation „Drivers of food security“ von 2023 schrieb die Kommission noch, dass zu den drängendsten Problemen der europäischen Landwirtschaft der Klimawandel und das großflächige Artensterben gehören. Im Gegensatz dazu sind in dieser sogenannten „Vision“ Umwelt- und Ressourcenschutz nur Randnotizen. Der Text liest sich so, als gäbe es die Herausforderungen Klimawandel und Artensterben gar nicht. Das wird der aktuellen Situation nicht gerecht und ist rückwärtsgewandt. Nicht einmal die im Konsens erarbeiteten Ergebnisse des Strategischen Dialogs für Landwirtschaft finden ausreichend Beachtung. “
Eine Kurzanalyse
Wenig Ambition bei Umwelt- und Klimaschutz
Die geplanten Maßnahmen zur Reduktion von Pestiziden bleiben vage, ein konkretes Reduktionsziel fehlt. Tierschutzstandards werden zwar in Aussicht gestellt, jedoch ohne klare Maßnahmen zur Durchsetzung. Auch im Bereich Bodenschutz wird statt ambitionierter Schritte lediglich auf Beratung gesetzt. Der Klimawandel wird in der Strategie kaum thematisiert – fatalerweise einzig in Verbindung mit der vermeintlichen Notwendigkeit neuer Gentechnikverfahren (NGTs). Auch dass die Wasserqualität verbessert werden soll, bleibt ohne Verbindlichkeit bloße Rhetorik.
Freiwilligkeit statt Verbindlichkeit: Nachhaltigkeit bleibt auf der Strecke
Ein lediglich freiwilliges Benchmark-System soll Umweltstandards für das betriebliche Management ersetzen, damit schlägt man 3 GAP-Generationen Ökologisierung in den Wind.
Fokus auf Exporte statt Stärkung regionaler Ernährungssicherheit
Statt regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken, setzt die Strategie weiterhin auf den globalen Handel von Agrarprodukten. Auch wenn Importstandards angeglichen werden sollen, fehlt ein klares Bekenntnis zur Förderung einer nachhaltigen und regionalen Landwirtschaft.
Techno-Fixes als Scheinlösung
Anstatt eine agrarökologische Wende und den Ökolandbau zu fördern, setzt die Strategie auf Techno-Fixes wie Precision Farming, innovative Pestizide, Gentechnik und Risikoversicherungen. Bisher existieren kaum wissenschaftliche Belege dafür, dass diese Technologien eine Trendwende in Sachen landwirtschaftlicher Nachhaltigkeit befördern können – im Gegensatz zu agrarökologischen Systemen.
Bürokratieabbau als Vorwand für Deregulierung
Die angekündigte weitreichende Vereinfachung des Rechtsrahmens wäre zu begrüßen, wenn es wirklich im Verwaltungsvereinfachung ginge. Doch sieht man auf den ersten Blick, dass, wie schon in den letzten Monaten geschehen, weiter Umweltstandards und ökologische Errungenschaften der letzten 20 Jahre aufgeweicht werden. Bürokratieabbau ist dringend notwendig, aber weniger Auflagen dürfen nicht auf Kosten der Natur gehen – sie ist die Grundlage der Landwirtschaft!
Agrarpolitik als nationales „Wünsch Dir was“
Die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) soll weiter flexibilisiert und nationalisiert werden. Das stellt den gemeinsamen Binnenmarkt in Frage und setzt Betriebe unter unfairen Wettbewerbsdruck, je nachdem, in welchem Land sie wirtschaften.
Viele leere Versprechungen für den ländlichen Raum
Zwar wird viel von der Förderung ländlicher Räume gesprochen, doch das erschöpft sich in Digitalisierungsförderung. Konkrete Maßnahmen zur Stärkung kleiner und mittlerer Betriebe oder der handwerklichen Lebensmittelverarbeitung fehlen weitgehend.
Positive Aspekte
Die Stärkung der Landwirte in der Lebensmittelkette und der Kampf gegen unfaire Handelspraktiken sind wichtige Punkte in Hansens Programm. Auch die Angleichung der Produktstandards für importierte Waren, insbesondere bei Pestiziden und Tierschutz, ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Fairness im globalen Handel. Das Verbot, in der EU untersagte Pestizide erneut in Verkehr zu bringen, ist eine Maßnahme, die unsere Unterstützung findet. Ebenso begrüßen wir die verschärften Einfuhrkontrollen sowie die wenigen, aber dennoch positiven Ansätze im Bereich Tierschutz. Diese müssen jedoch konkretisiert und mit echten Maßnahmen zur Reduzierung der Tierzahlen bei gleichzeitig verbesserten Haltungsbedingungen verknüpft werden. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass diese positiven Ansätze nicht verwässert, sondern ambitioniert umgesetzt werden.
Wir fordern eine klare Kurskorrektur: Der gesamtpolitische Ansatz einer kongruenten Ernährungspolitik, wie in der Farm-to-Fork Strategie, muss erhalten bleiben. Nachhaltigkeit und Klimaschutz dürfen nicht dem kurzfristigen wirtschaftlichen Gewinn geopfert werden. Die EU muss an ihrer Verantwortung festhalten und ihre Agrar- und Ernährungspolitik auf eine sozial- und umweltverträgliche sowie gesunde Zukunft ausrichten.
Weiteren Rollback verhindern!
Die Unionsparteien haben heute die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zum Düngegesetz platzen lassen. Außerdem planen sie eine Rücknahme von wichtigen Ökoregelungen. Martin Häusling, Mitglied im Agrar- sowie im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, kommentiert:
„2025 wird es für Landwirte in Roten Gebieten keine Ausnahmen von Düngeauflagen geben. Für dieses politische Scheitern ist die Union verantwortlich, die heute die Verhandlungen im Vermittlungsausschuss zum Düngegesetz mit SPD und Grünen platzen ließ. Während sich für einen Vorschlag aus Mecklenburg-Vorpommern eine Einigung abzeichnete, zeigt die Union mit ihrer Sabotage-Aktion einmal mehr: statt um tatsächliche Verbesserungen für die deutsche Landwirtschaft, geht es ihr nur um plumpe Effekthascherei. Statt einen Konsens und eine gangbare Lösung für das seit über 30 Jahren ungelöste Nitrat-Problem zu finden, stehen wir jetzt wieder bei Null. Das ist verantwortungslos und provoziert unter Umständen ein erneutes Vertragsverletzungsverfahren aus Brüssel.
Auch die geplante Weideprämie, die wir Grüne als zusätzliche Öko-Regelung erkämpft haben, will die Union nicht wie geplant umsetzen. Dabei kommt diese vor allem kleinen und mittelgroßen Betrieben zugute, die ihre Tiere auf die Weide lassen: das ist gut für die artgerechte Tierhaltung, gut für die Artenvielfalt und gut fürs Klima.
Bei ihrem Ritt in die Rückständigkeit will die Union zuletzt auch bestehenden Öko-Regelungen an den Kragen: Die Öko-Regelungen 1c (Blühflächen in Dauerkulturen) und 3 (Agroforst) sollen dran glauben. Das stößt alle Landwirtinnen und Landwirte vor den Kopf, die sich bereits mutig auf den Weg in eine klima- und biodiversitätsschonende Zukunft gemacht haben.
Was alle Unions-Vorstöße gemein haben? Sie unterminieren die – gerade von ihnen selbst so vehement geforderte – Planungssicherheit. Das agrarpolitische Angebot der Union heißt Ideologie und Verweigerungstaktik statt der Wissenschaft oder zumindest den demokratischen Vereinbarungen der ZKL I zu folgen. Zukunftskonzepte für LandwirtInnen sehen anders aus.“
Plenarabstimmung im EU-Parlament
Das Europäische Parlament hat heute mehrheitlich für eine Verschiebung des Anwendungsstart der Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) um 12 Monate gestimmt. Martin Häusling, Mitglied im Agrar- sowie im Umweltausschuss des Europäischen Parlaments, kommentiert:
„Ziel der Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten ist, dass nur Produkte auf dem EU-Markt landen, die nirgendwo zur Entwaldung beigetragen haben. Denn die Auswirkungen von Entwaldung und Schädigung von Wäldern sind für unser Klima und die Artenvielfalt weltweit immens.
Die konservative EVP-Fraktion ist mit ihrem Versuch gescheitert, gemeinsam mit Stimmen der Rechten Änderungen am fertig verhandelten Text vorzunehmen und das Gesetz auszuhöhlen. Sie hat damit nicht nur offenbart, dass Umweltschutz für sie ein reines Lippenbekenntnis darstellt, sondern auch die Industrie vor den Kopf gestoßen, die sich bereits breit für die Verordnung ausgesprochen hatte. Statt wichtiger Planungssicherheit hat die EVP große Verwirrung bei allen Herstellern, Händlern und Verkäufern gestiftet.
Der nun beschlossene Aufschub des Anwendungsstarts um 12 Monate ist vertretbar, um wirklich gut vorbereitet in die Umsetzung dieses wichtigen Gesetzes zu gehen. Zum 01.01.2026 muss die Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten dann aber konsequent umgesetzt werden.“
Mehr Informationen:
Martin Häusling
Büro Brüssel Tel. +32-2-284-5820, Email: martin.haeusling@ europarl.europa.eu
Büro Berlin Tel. +49-(0)30-227-70020, Email: berlin@ martin-haeusling.eu
Vorschläge der EU-Kommission
Die EU-Kommission hat gestern Vorschläge für Maßnahmen veröffentlicht, wie die Position der Landwirte in der Lebensmittelkette gestärkt werden kann. Martin Häusling, Mitglied im Agrar- sowie im Umwelt- und Gesundheitsausschuss des Europäischen Parlaments, kommentiert:
„Die Vorschläge der EU-Kommission setzen nach der Abschwächung von Umweltstandards unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus im Frühling nun endlich dort an, wo Landwirtinnen und Landwirte seit Langem dringend politischen Handlungsbedarf fordern: bei der Stärkung der Verhandlungsmacht von Erzeugern. Landwirte müssen auf Augenhöhe mit den Verarbeitern und dem Handel, die aufgrund ihrer wachsenden Marktmacht immer stärkeren Preisdruck ausüben, verhandeln können.
Positiv ist die Stärkung von Erzeugerorganisationen. Es ist richtig, dass Vorschriften für deren rechtliche Anerkennung vereinfacht werden sollen. Auch sollen die Mitgliedstaaten ihnen mehr finanzielle Unterstützung im Rahmen der GAP gewähren können.
Auch die Festlegung klarer Kriterien für Marketing-Begriffe wie „fair“, „gerecht“ und „kurze Lieferketten“ ist überfällig. Dies schafft Transparenz und trägt dazu bei, das Vertrauen der Verbraucher in regionale und nachhaltige Produktion zu stärken.
Darüber hinaus wäre die Erweiterung grenzüberschreitender Kooperationen gegen unlautere Handelspraktiken ein entscheidender Fortschritt. Ein gegenseitiger Unterstützungs-Mechanismus soll die Verfolgung von Verstößen über Ländergrenzen hinweg effizienter machen. Das würde den fairen Wettbewerb in Europa stärken.
Die derzeitige Debatte in Deutschland um die Umsetzung der Mengen- und Preisverpflichtung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktordnung im Bereich Milchmarkt zeigt allerdings, wie viel Widerstand zu erwarten ist. Milchindustrie und der Bauernverband blockieren hier Fortschritt auf Kosten der Erzeuger. Genossenschaften profitieren seit Jahren von ihrem positiven Image, obwohl ihre Interessen bei Ein- und Verkauf oftmals nicht mit denen der Erzeuger übereinstimmen. Sie gebärden sich wie Konzerne und nutzen ihre Marktmacht aus, um Erzeugerpreise zu drücken, bzw. zahlen diese als Restposten aus. In vielen Fällen haben Erzeuger kaum noch Einfluss auf das produktive Geschäft, obwohl sie als „Eigentümer“ auf dem Papier stehen.
Es reicht daher nicht, dass die EU fortschrittliche Instrumente zur Stärkung der Landwirte in der Lebensmittelkette - wie zum Beispiel die verpflichtenden Preisvereinbarungen - zur Verfügung stellt – die Mitgliedsstaaten müssen diese auch konsequent gegen marktmächtige Interessen umsetzen."
Hintergrund:
In den vergangenen Jahren ist der Anteil der Erzeuger am Wert der Endprodukte in der Lebensmittelkette kontinuierlich gesunken. Gleichzeitig steigt die Marktmacht des Handels und der Verarbeiter. Landwirte stehen dadurch unter immensem Druck, während ihre Produktionskosten steigen und ihre Verhandlungsspielräume schrumpfen. Diese Schieflage gefährdet nicht nur die wirtschaftliche Existenz vieler Betriebe, sondern auch die langfristige Nachhaltigkeit und Vielfalt in der Landwirtschaft.
https://www.milch-board.de/milchmarkt/infos-und-hintergruende-zum-art-148.html
Zum heutigen Welt-Antibiotika-Tag warnt Martin Häusling, Abgeordneter im Europäischen Parlament und dort Mitglied im Agrar- sowie im Umwelt- und Gesundheitsausschuss, vor den dramatischen Folgen eines übermäßigen Antibiotika-Einsatzes, insbesondere in der Nutztierhaltung.
„Antibiotika sind lebensrettende Medikamente und unser aller Ziel muss sein, ihre Wirksamkeit zu sichern. Diese ist massiv bedroht durch die gefährliche Zunahme von Resistenzen – insbesondere dem weiterhin zu hohen Einsatz von Antibiotika in der intensiven Tierhaltung geschuldet.
Wir setzen in Deutschland in der Tierhaltung, und dabei vor allem in der Mast, genauso viele Antibiotika ein wie in der Humanmedizin. Das ist unhaltbar. Mit knapp 70 Milligramm Antibiotika je Kilogramm Tiergewicht liegen die Zahlen hier sogar fast doppelt so hoch wie in Dänemark mit 34 Milligramm. Besonders schwer wiegt der Einsatz von Reserveantibiotika, da diese beim Menschen eingesetzt werden, wenn herkömmliche Antibiotika nicht mehr helfen. Ihr routinemäßiger Einsatz in der Tierhaltung – vor allem beim Geflügel – ist unverantwortlich. Rund 30 Prozent des Hähnchenfleisches in Discountern ist mit gefährlichen Antibiotikaresistenzen kontaminiert.
Laut dem aktuellen Verbrauchermonitor des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) machen sich 76 % der Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland Sorgen über Antibiotikaresistenzen – mehr als über jede andere gesundheitliche Gefahr. Zurecht. Denn resistente Keime gefährden die Gesundheitsversorgung weltweit und fordern bereits heute jährlich über eine Million Menschenleben.
In der Farm to Fork Strategie der EU-Kommission war eine Reduzierung des Antibiotika-Einsatzes in der Tierhaltung um 50 Prozent vorgesehen. Dieses Ziel müssen wir weiterverfolgen! Die Praxis, Tiere auf engem Raum unter Medikamenteneinsatz frei von Krankheiten zu halten, ist ein Irrweg. Wir brauchen eine tierfreundlichere Landwirtschaft, die auf präventive Tiergesundheit statt auf Antibiotika setzt. Die Gesundheit von uns Menschen ist untrennbar mit der unserer Umwelt und unserer Tiere verbunden. Lösungen müssen deswegen ganzheitlich entsprechend des „One Health“ Ansatzes gedacht werden.“
Hintergrund:
Der Welt-Antibiotika-Tag wird jährlich am 18. November begangen, um auf die Gefahren durch Antibiotikaresistenzen aufmerksam zu machen und ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit diesen Medikamenten zu schaffen.
Tierschutz in der EU-Landwirtschaft kommt nicht voran
Heute wird im Europäischen Parlament über den Tierschutz debattiert. Die Kommission hatte in dieser Legislatur vier Gesetze zum Tierschutz vorlegen wollen, aber bisher nur zu Tiertransporten geliefert, was aber voraussichtlich vor der Europawahl nicht mehr entschieden werden kann. Martin Häusling, agrarpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied des Umwelt- und Gesundheitsausschusses, kommentiert:
"Tierschutz und Tierwohl sind aus Sicht der EU-Kommission offenbar nachrangig. Entgegen ihrer vollmundigen Ankündigung, sich gesetzgeberisch zum Wohl landwirtschaftlich genutzter Tiere einzubringen, hat die Kommission das Thema schleifen lassen und kaum etwas zu Wege gebracht. Das geht auf Kosten von Millionen von Tieren, die weiter unnötig unter schlechten Haltungsbedingungen oder mangelhaften Tiertransporten leiden müssen. Zwar liegt als einziges Gesetz ein später Entwurf zu Tiertransporten vor, kann aber vor der Europawahl vermutlich nicht mehr entschieden werden.
Die Kommission ignoriert damit den Willen der Bevölkerung. Neun von zehn Bürger:innen der EU ist das Thema wichtig, sie wollen wissen, woher das Fleisch kommt, keine unnötigen Qualen bei der Haltung und keine winzigen Käfige für Legehennen mehr akzeptieren. Auch Pelztiere und Schweine haben bis heute weiter unter Käfighaltung zu leiden.
Die Kommission leistet sich beim Tierwohl einen Offenbarungseid und blamiert sich, aber Leidtragende sind die Tiere. Das darf so nicht weitergehen. Das Thema gehört ganz oben auf die Agenda in der nächsten Legislatur.“
Geschützte geografische Kennzeichnung:
Die EU-Kommission hat am 15.02.2023 die sogenannten Nordhessische Ahle Worscht in das Register für geschützte geografische Kennzeichnungen aufgenommen. Martin Häusling, Agrarpolitscher Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament und Mitglied im Umweltausschuss, kommentiert:
„Es ist ein großer Erfolg der Region Nordhessen und ich beglückwünsche alle Beteiligten, die sich dafür eingesetzt haben. Nach 16 Jahren hat die Nordhessische Ahle Worscht nun das gleiche Prädikat wie Champagner, Parmaschinken oder Lübecker Marzipan.
Damit wurde unser regionales Produkt geschützt, das nicht nur geschmacklich herausragend ist, denn die Tiere dürfen nicht aus Massentierhaltung stammen. Nur ältere Tiere aus einer tierschonenden Haltung dürfen verwendet werden und diese dürfen zudem nur kurze Transportweg zurücklegen, womit dieses Produkt das Tierwohl in vorbildlicher Weise unterstützt.
In Zukunft gilt diese Bezeichnung für diese besondere Wurst aus den nordhessischen Landkreisen Hersfeld-Rothenburg, Kassel mit der Stadt Kassel, Marburg-Biedenkopf, Schwalm-Eder, Waldeck-Frankenberg, Werra-Meißner.“
Weitere Information:
Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union (2023/C 56/09): „Nordhessische Ahle Wurscht / Nordhessische Ahle Worscht“
Hier mehr über Christoph Sippel erfahren.
Hier mehr über Martin Häusling erfahren.